Nachteil: Deutsch!

Das muss man verstehen, dass er Schwierigkeiten hat sich einzugewöhnen.
Er ist die deutsche Sprache noch nicht mächtig. (Jürgen Wegmann, dt. Fußballprofi)
Die öffentlichen Sprachmodisten in den Medien, in der Politik, in der Wissenschaft und der Wirtschaft beschneiden aber die private sprachliche der Menschen. (VDS)

Über kariesgefährdete Kids, Panther und das Märchen, dass Deutsch anderen Sprachen "überlegen" ist.

In gewisser Weise ist dies die Kehrseite der Medaille 'Advantage: Denglisch!'.
Wenn (D)englisch kürzer ist, ist DeGe-Deutsch natürlich länger und damit im Nachteil. Und während viele Anglizismen international verstanden werden, ist dies bei spezifisch deutschen Wörtern eben nicht der Fall.

Aber es gibt einen weiteren gravierenden Nachteil der deutschen Sprache: Sie ist enorm kompliziert und unsystematisch. Das habe ich schon hier und da erklärt, möchte es aber im folgenden einmal zusammenfassen und erweitern.

Nochmals: Ich habe überhaupt nichts gegen die deutsche Sprache - schon weil es hochgradig albern ist, überhaupt irgendetwas gegen irgendeine Sprache zu haben. Ich habe nur etwas gegen Sprachchauvismus, der nicht nur das Deutsche zu einer mystischen Über-Sprache ("Orgel unter den Sprachen") verklärt, sondern auch Englisch in den Schmutz zieht, siehe dieses ab- und erschreckende Beispiel.

Grundsätzlich hat jedes Volk genau die Sprache, die es braucht - solange diese natürlicherweise vom Volk gemacht wird. Dass unsere Sprache von Werbetextern gemacht wird, ist bereits hier als Vorwand selbsternannter Sprachpolizisten widerlegt, die gern ihrerseits das Deutsche 'machen' würden.

Allerdings ist keine historisch gewachsene Sprache perfekt im Sinne einer konsequenten Systematik
- Deutsch schon gar nicht, wie wir im folgenden sehen.



Exkurs: Die wahre deutsche Krankheit

Hier kommt der eingangs erwähnte Panther ins Spiel. Gemeint ist der dt. Kampfpanzer des 2. Weltkriegs, ein
Hi-Tech-Gerät sondergleichen und im Kampf eins gegen eins fast jedem alliierten Panzer weit überlegen. Bloß kam es dazu fast nie, sondern die vergleichsweise primitiven sowj. T-34 oder amerik. Shermans traten meist in
5 - 15-facher Überzahl auf. Der Panther war zu kompliziert, zu teuer, zu ressourcenfressend und viel störungsanfälliger als die Konkurrenten. Faustregel: Je mehr Teile etwas hat, desto mehr kann kaputtgehen.

Nach diesem Schema agierte die gesamte Rüstungsindustrie der Nazis. Auch deshalb wurde der 2. Weltkrieg verloren, und auch deshalb zetern heute Sprachchauvinisten über die Dominanz des Englischen in Europa.

Ob in technologischer, bürokratischer oder sprachlicher Hinsicht:
Deutsche sind dem Wahn verfallen, etwas sei umso besser je komplizierter es ist.
Man kommt sich intellektuell überlegen vor, wenn man Kompliziertes konstruiert oder versteht, auch wenn gar keinen Sinn macht. Eigentlich ist es nur geistige Masturbation.

Ich merke das ständig in meinem Beruf, wo mindestens 90% aller Software umständlicher und umfangreicher ist als es zur Zielerreichung nötig wäre.



Die folgenden Phänomene sind zwar nicht typisch, aber eben auch deutsch:

In einem Punkt allerdings ist Deutsch wirklich einfacher und pflegeleichter als andere Sprachen, nämlich beim ...


Alles in allem ist die deutsche Grammatik unnötig kompliziert! Das war die gute Nachricht. Die schlechte: Durch übertriebene Satzbauakrobatik kann man diese Kompliziertheit bis ins Unendliche steigern, wie z.B. Herbert Wehner, der unvergessene Zauberlehrling der Schachtelsätze, in diesem YouTube-Video liebevoll parodiert von Thomas Freitag, unter Inkaufnahme von rhetorischen Bluescreens - weil er sich hoffnungslos verhaspelt hatte - und Restarts mit neuen Sätzen in seinen urigen Reden ...

'Kulturbeflissene' Deutsche finden Schachtelsätze geil und halten sie für ein Zeichen intellektueller Kapazität - s. Exkurs. Man könnte sie auch für Indizien gedanklicher Disziplinlosigkeit halten. Dass es anders geht, zeigt
 dieser brilliante Beitrag eines US-Amerikaners (in perfektem Deutsch).

Wohin die Kompliziertheit der deutschen Sprache führt, zeigt dieser erschreckende Bericht u.a. über eine italienische Sprachwissenschaftlerin (!), die außer ihrer Muttersprache weitere vier Sprachen spricht, in der Schweiz und Österreich (ge)lebt (hat) und doch sagt:

„Selbst mir fällt es nicht leicht, Deutsch zu lernen.“ Für jene Menschen, die vorher noch nie eine Fremdsprache erlernt haben, müsse das noch viel schwieriger sein.

Wenn dann noch Arroganz oder Ausgrenzung durch Muttersprachler hinzukommen, wird es ganz schlimm. Wehe, ein(e) Lernende(r) macht Fehler! Die deutsche Sprache nicht zu beherrschen, hat gefälligst das Privileg von Muttersprachlern zu bleiben, siehe Zitate ganz oben!

„Wenn Migranten, die Deutsch lernen, nicht akzeptiert werden, nur weil sie kein fehlerfreies, akzentfreies Deutsch beherrschen, vergeht ihnen und allen anderen die Lust, diese Sprache zu lernen oder zu sprechen“, meint etwa Therapeutin Ayse Aksoy.


Fazit:
  • Historisch gewachsene Sprachen sind nicht streng logisch und systematisch. Muttersprachler stört das natürlich nicht - wohl aber diejenigen, die sie als Fremdsprache erlernen müssen oder wollen.
  • Dabei ist Deutsch noch unsystematischer als andere europäische Sprachen, insbesondere Englisch. Es ist in vielen Punkten unnötig kompliziert, ohne dass dies die Genauigkeit oder Ausdrucksstärke fördert. Um das als hochkulturelle Errungenschaft zu feiern, muss man schon die nationalistische Brille aufsetzen.
  • Man mag sich als Deutschtümler an dieser Kompliziertheit erfreuen oder sie gar fördern.
    Im selben Atemzug zu beklagen, dass Deutsch von immer weniger Ausländern gelernt wird, ist allerdings schizophren. Der Mensch geht nun mal den Weg des geringsten (sprachlichen) Widerstands.
  • Hinzu kommt, dass man sich mit Englisch weltweit, mit Deutsch dagegen nur in Mitteleuropa verständigen kann.
  • Die deutsche Sprache ist anderen keineswegs "überlegen", sondern im Verhältnis Lernaufwand - Nutzen höchstens Mittelmaß. Für Ausländer besteht kein vernünftiger Anlass, Deutsch als erste Fremdsprache zu lernen, sofern sie nicht in D/A/CH leben wollen.



Zum Schluss:
Wenn ich bisher sprachlos wäre, würde ich Sprachen in dieser Reihenfolge lernen
1. Englisch (Weltsprache)
2. Spanisch (Weltsprache)
3. Russisch (fast Weltsprache)
4. Deutsch (in Mitteleuropa ganz brauchbar)
4. Italienisch (la lingua più bella del mondo :)
5. Niederländisch (nicht sooo nützlich, aber für Deutsche ziemlich lustig :)
Chinesisch oder Arabisch sind natürlich ebenfalls äußerst nützlich, aber allein die Schriftzeichen ... puuuh ...